Die 1. Außenwohngruppe (in Kirgistan!) eröffnete im Frühjahr 2017 in der Stadt Belowodsk, etwa acht Kilometer vom Sozialdorf entfernt. Die dortigen Bewohner:innen leben relativ selbstständig in einer Art Wohngemeinschaft zusammen. Auf dem dazugehörenden Grundstück entstand ein wunderschöner Gemüsegarten, der sowohl zur Selbstversorgung als auch als Arbeitsplatz für die Bewohner:innen dient.
Die Bewohner:innen sind für alltägliche Aufgaben wie beispielsweise das Kochen und Putzen verantwortlich und werden dabei von einer Mitarbeiterin unterstützt. Neben der Arbeit im Garten stellen die Bewohner:innen hauptsächlich Milchprodukte und Gebäck für den, im Jahr 2022 eröffneten, kleinen Laden in Bischkek her.
Weitere Bilder aus der Außenwohngruppe finden Sie hier.
Alina wurde, wie so viele Bewohner:innen des Sozialdorfs, nach der Geburt im Krankenhaus zurück gelassen und lebte in den folgenden Jahren in verschiedenen Einrichtungen.
Im August 2018 kam sie ins Sozialdorf und lebte sich sehr schnell ein. Sie kann sehr gut nähen und besuchte 2019/20 einen Kurs im Lyzeum, um diese Fähigkeiten auszubauen. Ebenso gerne hilft sie in der Küche.
Sie liebt Feste und Aufführungen, an denen sie sich schön anziehen, singen und tanzen kann. Seit Frühsommer 2022 lebt sie in der Außenwohngruppe und arbeitet in der Milchverarbeitung, kann aber auch selbständig Brotteig herstellen. Sie ist immer fröhlich und macht Späße mit ihrem Mitbewohner:innen.
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Tatina lebt seit 2020 im Sozialdorf und seit dem Frühsommer 2022 in der Außenwohngruppe. In dieser Zeit entwickelte sie sich von einer stillen Bewohnerin hin zu einer selbständigen jungen Frau. Sie kann selbständig Brot für den Alltag backen und lernt alle Schritte zur Herstellung der Backwaren für den Verkauf im Laden. Dabei arbeitet sie schnell und geschickt. Die Außenwohngruppe mit ihren freundlichen Bewohner:innen tut ihr ausgesprochen gut.
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Meerim wurde als Baby ausgesetzt, aber von dem Mann der sie fand und seiner Familie aufgenommen, obwohl sie selbst sehr arm waren. Als sie sechs Jahre alt war, brachten sie Meerim deshalb ins staatliche Kinderheim. Sie besuchten sie dort oft. Irgendwann blieben sie aber weg und keiner wusste, wo sie waren und ob sie noch lebten. Auch weil Meerim in ein neues Kinderheim gebracht wurde, hatte sie sehr lange keinen Kontakt mehr zu ihrer Pflegefamilie. Im Kinderheim in der kleinen Stadt Belowodsk, nicht weit entfernt vom Sozialdorf Manas, lebte Meerim mindestens 10 Jahre lang.
Seit 13 Jahren lebt sie nun im Sozialdorf Manas und fühlt sich sehr wohl. Sie will nie mehr weg. Als eine Zeitung ihre Geschichte veröffentlichte, sahen ihre früheren Pflegeeltern diesen Bericht und kamen ins Sozialdorf Manas. Sie fragten sie sogar, ob sie nicht wieder zu ihnen ziehen wollte. Aber Meerim will sehr gerne in ihrem neuen Zuhause, dem Sozialdorf Manas bleiben. Sie hat hier das Gefühl etwas Sinnvolles zu machen, indem sie sich in die Gemeinschaft einbringt.
Seit dem Frühsommer 2022 wohnt sie in der Außenwohngruppe und lebt sich dort sehr gut ein. Sie fühlt sich für die anderen Bewohner:innen verantwortlich, achtet darauf, dass alle ihre Aufgaben machen und arbeitet in der Milchverarbeitung. Abends ruft sie die anderen Bewohner:innen zu sich, um gemeinsam die Lieder für das nächste Fest zu üben.
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Nastja lebte bis zu ihrem dritten Lebensjahr bei ihrer Oma, da ihre Eltern verstarben. Danach kam sie ins Kinderheim. Wie viele andere Bewohner:innen absolvierte sie im Lyzeum eine reduzierte Kochausbildung und eine Maniküre-Ausbildung. Im Winter 2020 kam sie ins Sozialdorf und im Sommer 2022 zog sie in die Außenwohngruppe. Im Sozialdorf lernte sie ihren Freund Ruslan kennen.
In der Außenwohngruppe gefällt es ihr inzwischen viel besser als im Sozialdorf. Sie arbeitet gut und gerne draußen auf dem Gelände und kann selbständig heizen. Gemeinsam mit den anderen Bewohner:innen kümmert sie sich um den großen Garten. Früher arbeiete sie nicht gerne im Haus, inzwischen jedoch ist sie souverän und flink in der Bäckerei unterwegs.
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Urmat verbrachte sein ganzes Leben in verschiedenen Heimen, da sich seine Eltern nach der Geburt von ihm lossagten. Es ist ihm nicht leichtgefallen, im Sozialdorf anzukommen. Seit Ende 2022 lebt er in der Außenwohngruppe und unterstützt die Frauen bei schweren Arbeiten. Er trägt Kohle und Milch, hilft beim Heizen und bei Arbeiten auf dem Gelände. Als neuster Bewohner und einziger Mann in der Außenwohngruppe ist er noch etwas verunsichert und braucht Zeit und Unterstützung, um sich richtig dazugehörig zu fühlen.
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Beschka verbrachte seine Kindheit in verschiedenen Heimen. Er wünscht sich eine Familie, spricht und schreibt viel über sie. Seine (sogenannte) Mutter lebt in Moskau, er hat sich 2016 mit ihr getroffen.
Als er im Frühjahr 2017 ins Sozialdorf kam, zog er direkt mit in die Außenwohngruppe. Er ist ein lebensfroher Charakter und nimmt kein Blatt vor den Mund. Seine offene Art heitert das Geschehen auf, manövierte ihn aber auch schon in brenzlige Lagen. Doch davon lässt er sich nicht unterkriegen.
Er absolvierte eine Kurzausbildung zum Koch und arbeitete regelmäßig in einem Café in Belovodsk als Küchenhilfe. In der Außenwohngruppe erledigte er Aufgaben in allen Arbeitsbereichen, war aber vor allem in der Küche und der Waschküche tätig. Für seine Zukunft sieht er eine komplette Ausbildung zum Koch oder Konditor vor. Er möchte damit seinen Lebensunterhalt bestreiten und eines Tages ein eigenes Häuschen beziehen, sagte er ganz gelassen. Stress mache er sich damit nicht.
Inzwischen lebt und arbeitet Beschka in Bischkek.
Milchverarbeitung
2017 fand in der Außenwohngruppe das erste Seminar zum Thema Milchverarbeitung statt. Ein paar Bewohner:innen, Mitarbeiter:innen und die Freiwilligen lernten, wie Milchprodukte hergestellt werden können. Bis zum Herbst 2022 fanden weitere Seminare statt, damit auch neue Bewohner:innen und Mitarbeiter:innen die Herstellung lernen konnten. Vor der Eröffnung des Ladens in Bischkek wurden die Produkte nur im kleinen Stil hergestellt und vereinzelt in einem Laden in Belowodsk verkauft.
Seit Herbst 2022 bringt Altynbek jeden Sonntag, Dienstag und Donnerstag frische Milch der Kühe aus dem Sozialdorf nach Belowodsk. Hier wird diese in der eigenen Milchküche von den Bewohner:innen der Außenwohngruppe verarbeitet. Besonders Meerim, Urmat und Alina stellen, mit der Unterstützung von Nazgul, Milch verschiedener Fettgrade, Ayran, Sauerrahm und Hüttenkäse her. Die fertigen Produkte werden an den Laden in Bischkek geliefert. Dort läuft der Verkauf der Milchprodukte sehr gut, oft sind die Produkte schnell ausverkauft. Käufer:innen kommen immer wieder in den Laden und lassen sich sogar Ware reservieren. Unter anderem deswegen soll die Milchküche renoviert und gekachelt werden.
Bäckerei
Seit dem Sommer 2021 werden in der Außenwohngruppe Backwaren hergestellt. Hierfür gab es auch mehrere Seminare für Bewohner:innen und Mitarbeiter:innen. Die Produkte werden seit der Eröffnung des Ladens mehrmals die Woche nach Bischkek gebracht und dort zum Verkauf angeboten. Die Auswahl umfasst unter anderem Schoko- und Sesamplätzchen, Baklawa, Cookies, Milchbrötchen, Baguette und Karottenbrot. Besonders Tatina und Nastja lernen gerade sehr viel in der Bäckerei und sollen bald ganz selbstständig in der Lage sein Rezepte durchzuführen. Immer wieder werden neue Rezepte ausprobiert und angeboten. Tatina und Nastja fahren wöchentlich nach Bischkek, um vor Ort zu backen und das Geschehen im Laden miterleben zu können.
Hauswirtschaft
Ein wesentlicher Teil der Außenwohngruppe ist die selbstständige Versorgung. So gibt es Wochenpläne, in denen genau festgehalten ist, wann welche Person welche Aufgaben erfüllt. Die Bewohner:innen sind unter anderem für die Organisation und Zubereitung der Mahlzeiten verantwortlich, putzen Haus und Hof selbst, kümmern sich um den Garten und die Wäsche, versorgen die Hühner und helfen bei dem Wocheneinkauf. Sie werden bei diesen Arbeiten von Nazgul herzlich und liebevoll unterstützt und angeleitet. Die Bewohner:innen schätzen ihre Selbstständigkeit in der Außenwohngruppe sehr und sind sehr glücklich eine so gut funktionierende Einheit zu bilden und ihr Können unter Beweis zu stellen. Jeden Montag wird die vorherige Woche mit der Gründerin Gulja und der Sozialpädagogin Jyldyz besprochen. Hier haben die Bewohner:innen die Möglichkeit ihr Wohlsein und ihre Arbeit zu reflektieren, Sorgen anzusprechen und Gedanken zu teilen.
Garten und Gemüsebau
Der hintere Teil des Grundstücks ist ein schöner, großer Garten, welcher mit den unterschiedlichsten und vielfältigsten Gemüsearten bepflanzt ist. Erst 2023 wurden neue Obstbäume gesetzt, die in den nächsten Jahren Früchte tragen sollen. Auch dieser Bereich ist ein sinnstiftender Arbeitsplatz und dient zudem der Selbstversorgung der Bewohner:innen. Daneben verschönern sie den Außenbereich mit vielen bunten Blumen und neuen Beeten und erschaffen sich so einen Ort, um im Sommer Sonne zu tanken, Sport und Dehneinheiten durchzuführen und den Kopf freizubekommen. Bald soll hier auch ein Hühnerstall entstehen, welcher den im Frühjahr 2023 eingezogenen Küken ein Zuhause bietet. Das Ziel ist es, die Hühner groß zu ziehen und die Eier im nächsten Jahr im Laden verkaufen zu können.